Vor einigen Wochen waren die Kogi in Deutschland zu Besuch und ich lernte sie auf einem Seminar kennen. Die Kogi sind ein indigenes Naturvolk in der Sierra Nevada im Norden Kolumbiens. Sie gelten weltweit als eines der wenigen Naturvölker, die sich über Jahrtausende bis heute unserer globalisierten abendländischen bzw. „westlichen“ Kultur weitestgehend entzogen und so ihre eigene Kultur bewahrt haben.
In jüngerer Zeit haben sie entschieden sich der „westlichen“ Welt etwas zu öffnen. Zum einen, um uns vor einem drohenden ökologischen Zusammenbruch zu warnen. Zum anderen, um Geld für den Kauf ihrer ländlichen spirituellen wie auch materiellen Lebensgrundlagen zu sammeln und sie so vor weiterer Zerstörung zu schützen.
Die Erfahrung mit den Kogi war sehr beeindruckend. Zunächst ihre tiefe innere Ruhe, die sich auf mich zunehmend übertrug. In dem Bann ihrer Ruhe löste sich mein Sinn für die „Uhrzeit“ quasi in Luft auf, während meine Sinne für meine Umgebung und für mich selber langsam klarer wurden. Mich beeindruckte auch ihre alltägliche Selbstverständlichkeit, in der sie sich im Wald bewegten und sich dabei aufmerksam nach besonderen oder in ihren Worten heiligen Orten umsahen; in der sie in der Stille Verbindung schufen, ohne etwas zu sagen; in der sie ihre Rituale hielten und uns dabei mitnahmen. So lernten wir bei einem Ritual innere Spannungen abzubauen, ohne diese kognitiv zu reflektieren und uns darüber auszutauschen. Wir sangen gemeinsam, was quasi einem loslassenden Abschiednehmen von den Spannungen gleichkam. Wir gingen Barfuss und spürten den Waldboden unter unseren Füßen…
Ich weiss: Für viele in unserer rationalen säkularisierten Kultur – die stets die Frage nach dem Warum stellt – warum mach ich das? Was nützt es mir? Was erreiche ich damit? – mag das alles sehr merkwürdig oder gar nach „esoterischem Hokuspokus“ klingen.
Auch ich, der wissenschaftlich tätig bin, hatte zunächst Schwierigkeiten mich wirklich darauf einzulassen, da ich („natürlich“) erstmal wieder mit dem Kopf „verstehen“ wollte. So fragte ich am ersten Tag des Seminars die Kogi: Hilft unser Gesang direkt den Wald um uns herum zu heilen und/oder hilft der Gesang dabei uns mit der Natur, den anderen und uns selbst auf beziehungsstärkende Weise zu verbinden, und so indirekt die Natur zu heilen? Die Antwort der Kogi war: Wir würden das gar nicht voneinander trennen – das Singen ist heilsam für alles.
Ich will die Kogi und ihre Art zu leben nicht romantisieren! Sicherlich haben auch sie viele Probleme und ihre kulturellen Kehrseiten – denn die Kogi sind auch Menschen. Nur kann ich das nicht beurteilen. Dafür kenne ich sie nicht gut genug – und als weisser Europäer sollte man hier ohnehin sehr vorsichtig sein. Was ich kann, ist lediglich meine kurzweilige und damit beschränkte Erfahrung zu teilen und dabei zu erahnen, was unsere Kultur an Entfaltungspotentialen ermöglicht und was uns in ihr aber auch entgeht bzw. verloren gegangen ist.
Letztendlich war für mich der Schlüssel fürs „loslassende“ Einlassen, meinen Kopf frei von hinterfragenden Gedanken zu machen und es einfach zu tun! Und siehe da…nach und nach gelang mir das auch ein Stück weit und ich hatte zumindest den Eindruck, eine sehr vage Ahnung von der naturverbundenen Kogi-Art zu Sein zu bekommen…oder bilde ich mir das vielleicht doch nur ein?
Für mehr Infos – hier ein Film über die Kogi:
https://www.youtube.com/embed/hFgpHPW51sg?feature=oembed
Hier gibt es viele weitere Videos zu den Kogis: https://www.youtube.com/results?search_query=kogi+kolumbien
Bildquelle: https://dmiventana.blogspot.com/2016/01/los-kogi-de-sierra-nevada-guardianes-de.html (Zugriff:11.07.2023)
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