
In unserer kleinen Serie zur Selbstverantwortung in Teams sind wir im ersten Teil auf die fünf zentralen Aspekte für die Entwicklung einer Kultur selbstverantwortlich handelnder Teams eingegangen. In dem Blogbeitrag hier gehen wir der Frage nach, was selbstverantwortliches Handeln ausmacht und welchen Themen Teams sich immer wieder zuwenden sollten um es zu fördern.
Zunächst also: Was sind Kennzeichen selbstverantwortlichen Handelns von Mitgliedern in einem Team? Im folgenden sind die zentralen idealtypische Aspekte als eine Art Leitbild aufgelistet. Was sich dabei wie in die Realität umsetzen lässt, hängt von vielen Faktoren ab: von der Kultur der Gesamtorganisation, vom Umgang der Führungskraft, vom Miteinander im Team, von der Persönlichkeit der oder des Einzelnen. Daher: es ist definitiv keine Checkliste, mit der eine Beurteilung von Einzelpersonen vorgenommen werden sollte. Und die Auflistung zeigt dennoch, um was es bei der Entwicklung von Selbstverantwortung geht.
1. Verbindlichkeit
- Die Teammitglieder halten ihre Zusagen zuverlässig ein und kommunizieren offen und frühzeitig, wenn Absprachen nicht einzuhalten sind.
2. Verantwortung nehmen
- Die Teammitglieder benennen die Probleme, die bei der Ausübung ihrer Arbeit behindern, gehen in die Abstimmung mit den weiteren Betroffenen und stoßen einen Lösungsprozess an.
- Die Teammitglieder stehen zu den eigenen Fehlern, lernen daraus und suchen (ggf. mit anderen) nach Lösungen.
3. Aktive Selbstführung
- Selbstreflexion: Die Teammitglieder denken über das eigene Verhalten, die Wirkung und eigene Entscheidungen nach und holen dazu Feedback ein. Aus der Erkenntnis folgt eine Veränderung des eigenen Handelns.
- Verantwortung für sich selbst: Die Teammitglieder erkennen frühzeitig die eigenen Bedürfnisse und Grenzen und planen entsprechend.
- Selbstorganisation: Die Teammitglieder verschaffen sich aktiv einen Überblick über eigenen Aufgaben, erstellen daraus einen Plan und setzt diesen konsequent um.
4. Aktiver Umgang mit Unklarheit
- Die Teammitglieder treffen Entscheidungen bei fehlenden Vorgaben im Sinne des Ziels. Dazu gehen die Teammitglieder selbständig in die Abklärung mit anderen Betroffenen.
5. Überblick
- Die Teammitglieder haben die gemeinsame Zielrichtung im Blick und damit auch die Team-, Kunden- oder Organisationsinteressen.
Was sind Landmarken auf dem Weg zur Selbstverantwortung?
Im Folgenden schauen wir uns an, was elementare Themen sind, die immer wieder bearbeitet werden müssen, um Teams zu ermächtigen, selbstverantwortlicher zu handeln.
Vielleicht ist die Entwicklung von so elementaren Kultur-Aspekten in einem Team / in einer Organisation vergleichbar mit einem Steigflug eines Segelflugzeuges. Um nach oben zu kommen, muss das Segelflugzeug da kreisen, wo die Thermik am Besten ist. Dabei kommt es immer wieder an den selben Bodenpunkten vorbei – jedes Mal mit einem ordentlichen Zugewinn an Höhe.
Auf dem Weg zu mehr Selbstverantwortung gibt es fünf wichtige Landmarken, an denen das Team immer mal wieder vorbei kommen sollte, weil sie die besten Bedingungen bieten, um einen ordentlichen Schub an Selbstverantwortung zu gewinnen. Die nachstehenden Themen gilt es also mehrfach zu bearbeiten, um sich darin zu üben und gemeinsam zu entwickeln. Sie bilden die wesentlichen Grundlagen für ein Team, das im Miteinander mehr gestaltet und mehr verantwortet.
1. Arbeiten an der konstruktiven Fehlerkultur und psychologische Sicherheit
Das ist wahrscheinlich die wichtigste Landmarke auf dem Weg zu mehr Selbstverantwortung: der offene Umgang mit den eigenen Fehlern und die (gemeinsame) konstruktive Suche nach Lösungen und dem Lernen aus den Fehlern. Der Anstoß dazu sollte anfänglich von der Führungskraft kommen und dann an Menschen aus dem Team übergeben werden, damit sich alle gleichermaßen verantwortlich fühlen, sich mit Fehlern aktiv zu beschäftigen und dabei einen Raum der psychologischen Sicherheit zu halten. Mehr dazu findet Ihr hier.
2. Reflexionsräume erschließen
Feedback kennen wir alle – könnte man meinen. Tatsächlich ist es super hilfreich, das immer mal wieder neu zu lernen und ganz bewusst regelmäßig zu praktizieren. Das heisst konkret: sich an einem festen Schema orientieren und vor allem der Idee folgen, dass die Feedback-gebende Person ein Angebot und einen Wunsch an ihr oder sein Gegenüber formuliert. Erfahrungsgemäß trägt das wesentlich zu einer Entwicklung bei und erhöht die Offenheit im Team.
Wirksamkeitserfahrung (bewusst) machen und darauf aufbauen. Aus der anfänglichen Frage, wie die einzelnen Teammitglieder und das Team als Ganzes die eigene Wirksamkeit erfahren und erkunden kann, entsteht ein Ritual, sich regelmäßig die Wirksamkeit vor Augen zu führen. Damit wird der Beitrag der Einzelnen und des Teams für das Gesamte und die Entwicklungsräume deutlich. In den Räumen wird allen immer wieder das gemeinsame Ziel bewusst und es entsteht so eine Klarheit, ob die Laufrichtung noch stimmt.
3. Rahmen klären
Rolle und Erwartungen definieren: Gemeinsam klärt das Team, welche relevanten Rollen es gibt und wer welche Rolle(n) innehat. Zentral ist, dass darin beschrieben wird, was das Ziel dieser Rolle ist, was zu der Rolle gehört und wann die Rolle gut ausgefüllt ist, wann also die Arbeit gut gemacht ist. Gut ist auch die Klarheit, was nicht zu dieser Rolle gehört, um eine griffige Abgrenzung zu haben. Die Zeitschrift Neue Narrative hat viele spannende Beiträge rund um das Arbeiten in und mit Rollen. Eine gute Zusammenfassung gibt es auch in diesem Podcast.
Erfolg definieren: Das Team erarbeitet ein gemeinsames Verständnis der Zielrichtung und der Qualitäten der gemeinsamen Arbeit und macht sich bewusst welchen Output es leisten sollte. Somit wird ein klares Bild erkennbar, wann die Arbeit des Teams bzw. der Organisationseinheit erfolgreich ist.
4. Selbstführung
Idealerweise gibt es immer wieder den Raum, damit sich jede und jeder mit der Führung und Verantwortung für sich selbst auseinandersetzen kann. Eine zentrale Frage dabei ist: „Was brauche ich, um meiner Rolle gerecht zu werden?“ Wenn sich das Team darauf einlassen kann, ist der Austausch der Teammitglieder untereinander dazu eine großartige Bestärkung, um voneinander zu lernen, um die eigenen Bedürfnisse klarer fassen zu können und um sich in einer für sich passenden Form von Planung selbst zu organisieren.
5. Aktiver Umgang mit Spannungen im Team
Spannungen sind wichtige Impulse für die Entwicklung im Team. In einem aktiven Umgang damit geht es nicht nur darum, diese Spannungen zur Sprache zu bringen, sondern auch um die Beschäftigung mit der Frage, wie sich die Spannung lösen lässt. Diese Methode ist wiederum die Einladung für selbstverantwortliches Handeln.
Welchen Beitrag Führungskräfte leisten, um Teams an diesen Landmarken vorbei in die Selbstverantwortung zu führen, beleuchten wir dann im nächsten Blogartikel in einigen Wochen.
- Dieser Beitrag ist eingebettet in unsere Reihe zu Selbstverantwortung in Teams „Mein Team hängt mir am Rockzipfel“:
- Teil 1: Wie sieht eine Kultur der Selbstverantwortung aus?
- Teil 2: Woran erkenne ich selbstverantwortliches Handeln und was brauche ich dafür? (dieser Teil)
- Teil 3: Wie führe ich ein Team in die Selbstverantwortung? (erscheint im November)
- Passende Methoden: Einstieg in eine lebendige Fehlerkultur und Den eigenen Gestaltungsspielraum spürend erkunden






